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Märkische Allgemeine - Dezember 2003 Lars Grote
Flirt zwischen den Fronten
Dieser Film hat es eilig, ist beinahe so hastig wie Yossi und Jagger, die sich im weißen Schnee wälzen, herzen, küssen und lieben. Regisseur Eytan Fox packt die Geschichte der beiden homosexuellen israelischen Soldaten in eine gute Stunde - militärisch knapp also und dennoch emotional ausufernd beherrscht das umweglose Werk die Klaviatur vom Coming-Out bis hin zum Tod. Weil Liebe unter Männern in der Armee allenfalls als gut gehütetes Geheimnis einen Platz hat, bleibt für Kommandeur Yossi (Ohad Knoller) und den schönen, beinahe rockstarschönen Lior (Yehuda Levi), den sie alle "Jagger" rufen, nur vereistes Terrain im Grenzgebiet zum Libanon.
Der Libanon ist Feindesland, auch die eigenen Kameraden dulden ihre Neigung nicht. So liebkosen sie sich hinterrücks im Pulverschnee zwischen den Fronten.
Eytan Fox setzt auf herausragende Darsteller und nimmt den starren Gestus der Kompanie mit beweglicher Kamera ins Visier. Die Bilder winden sich durch Hierarchien oder enge Container, in denen junge Männer und Frauen (Israel hat Wehrpflicht für beiderlei Geschlechter) ihre Jugend vertrödeln, zuweilen auch ihr Leben lassen. Behände skizziert Fox die gegenläufigen Extreme von Großmannssucht und Homophobie, von dumpfem Verharren und nächtlichem Gefecht, kurz: Die Armee ist bei Fox eine Seifenblase, welche in funkelnder Kluft renommiert und doch labil bleibt wie die Liebe von Yossi und Jagger.
Jagger will sein Glück hinausposaunen, Yossi wahrt den Schein des untadeligen Chefs. Eine der Soldatinnen vergnügt sich mit ihrem Vorgesetzten, die andere verguckt sich in Jagger. Beiläufig zeigt Fox das glucksende Getuschel der Frauen auf der einen, das rüde Stammtischgezeter der Männer auf der anderen Seite. Stets geht es um Jagger, der zart und hübsch die Normen des Militärs sprengt. Schließlich zieht die Truppe ins letzte Gefecht. Der Film schließt mit einem Requiem für seinen jungen Helden, den jeder mochte und doch kaum jemand verstanden hat.
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